Mit Farbe scharf geschossen
In der Kultur geht es hoch her: Da liebt einer seinen Hund, aber statt dessen Exkremente ordentlich im doggy bag zu entsorgen, wirft oder attackiert er, die genaue Beschreibung der Vorfalls steht noch aus, damit eine Theaterkritikerin der FAZ, angeblich, weil diese ihm die Abonnenten vergrault und des Lobes eher leer. So der erste oberflächliche Eindruck, der vermutlich auch so bleiben wird. Nun hätte die FAZ wg. der Regierungs-Maßnahmen-Begleitung im Politikteil auch ein Häufchen verdient, aber, seufzen wir darüber, dass man mit Hundehäufchen nicht gegen dt. Panzer ankommt, die nun bald Richtung Moskau rollen. Aber solch schmutzige Riten darf man höchstens im Feuilleton erwarten.
Auch bei uns ist die Kultur ein Schlachtfeld, da die Schlachten schon geschlagen sind, und man die Siege mittels Ausschluss der gegnerischen Argumente schon vorsorglich gewonnen hat. Der anderen Seite bleiben die Symbole. Jetzt hat es die Kulturstaatssekretärin erwischt, inzwischen zur Ministerin avancierte, und ihren Arbeits- und Aufgabenbereich, die Kultur, die sie nicht erschöpft hat, diese sich aber wohl, erweitert. Aus alter Anhänglichkeit an lästige Traditionen, und weil es bezahlt wird, hat sie auch noch ein Büro in Stuttgart, Bad Cannstatt. Auf dieses wurde ein sogen. Farbanschlag verübt. Die Fensterscheiben wurden mit einem gelben Kreuz durchgestrichen und dann noch mit Hammer und Sichel verziert. Dekoriert kann man nicht direkt sagen, obwohl der Hammer doch für das Bergwerk steht, die Sichel für Bäume, die man zuerst roden muss, da die Deko hinter dem Schaufenster beginnt, freilich z.B: an Weihnachten oder Wahlen vielleicht sogar auf ihnen?! Aber das wurde nicht bestellt (oder?); bestellt wurde der Staatsschutz, um diese Staats-Scheiben vor weiteren Angriffen zu schützen. Nur putzt dieser nicht die Scheiben, sondern die Täter, so er sie findet.
Aber die alten Grünen erinnern sich, als sie noch selbst den einen oder anderen Farbbeutel im politischen Gepäck versteckten, bevor diese Beutel einen Bummerang-Effekt entwickelten.
Frau Olschowski weiß sich zu wehren und schlägt zurück: Die Politikerin lädt deshalb am 24.2. zum Gespräch, da anonymer Protest nicht der richtige Weg sei. Die Bild-Zeitung, die „Indymedia“ liest, jene Plattform, von der ich dachte, sie sei verboten, entdeckte dort, dass das eine Revanche für Lützi sei, da die Grünen dafür doch verantwortlich zeichnen. Nun waren das also nicht die Klima-Kleber sondern die Rächer der brauen Kohle von Lützerath - eine neue Gruppe, die sich um die Totenruhe der Kohle, war ja auch mal Leben, sorgt.
Bedenkt man die drakonischen Strafen, die die Stuttgarter Justiz für jugendliche Krawallmacher (siehe Rote Hilfe oder junge Welt) und von ihnen als linksradikale entdeckte oder erfundene „Zusammenhänge“ bereit hält, ist das Angebot von Frau Olschowski, die ja nicht in einer Kirche arbeitet (Kirchenasyl), auch wenn ihr Vorgesetzter dort führendes Mitglied ist, eher als heimtückisch zu bezeichnen, denn man darf davon ausgehen, dass der sich jetzt noch mehr beschützenden Staatsschutz - der Staat ist in diesem Falle ihr Büro, also der Scheibenschutz - vor Ort sein wird. (Auch mein neues Smartphone kam mit so einem Display Schutz, also einer Folie, deren Sinn mir aber nicht einleuchtet. Entweder das Glas taugt etwas, dann brauche ich keinen Schutz dafür oder es ist Murks, Flickwerk oder billiger Mist.)
Insofern verstehe ich auch die Stuttgarter Zeitung nicht, da sie diesen „Artikel“ nicht hinter die Bezahlschranke platziert. Denken sie, dass die unorthodoxen Schaufensterumgestalter nur dort lesen und dankbar die Einladung zum offenen Austausch annehmen? Oder ist das ein Versehen, der nicht ganz hellen Redaktion, die diese bedrohliche Nachricht auf eine Ebene mit dem Aus der Ehe einen gewissen Harald Glööckler stellt, eine Nachricht, die dem noch nicht ganz zum Abo entschlossenen Leser den Rest geben soll?
Nun, eigentlich sind das jene Aktionen, von denen die Betroffene deutlich mehr profitiert als die Akteure; die Grünen sind hier so sicher wie die Profite von RWE oder Pfizer oder Rheinmetall. Übrigens Firmen, die sich bestens ergänzen: Während RWE uns die Energie für ein „sustainable life“ liefern, setzten Pfizer auf dessen Verlängerung, damit es durch Rheinmetall seinen bombigen Abschluss findet.
Ach zurück zur Kultur, wo Frau O. dazu beiträgt, dass die Bretter in Stuttgart nicht mehr viel bedeuten. Das Theater findet heute woanders statt, und deshalb hätten sie (es?) den Artikel besser hinter die Geld-Schranke gesetzt, denn es ist gewiss, man wird unter sich bleiben. Alles andere wäre Zeitverschwendung.
Wenn Karl Kraus am Anfang des letzten Jahrhunderts darauf verwies: „Die Gleichzeitigkeit von Thronen und Telephonen hat zu Gelbkreuzgranaten geführt, um die Throne zu erhalten.“ So werden wir unser letztes Wunder noch erleben, wozu die Bourgeoisie mit den heutigen Mitteln in der Lage sein wird, ihr 1 Prozent nicht nur zu erhalten, sondern deren Besitz, notfalls um verbrannte Erde, zu vermehren. Die restlichen 99 Prozent sind zu dumm, Dünger, überflüssig oder nichts.
PS: an unsere Flüchtlinge: „das Ende, bis zu dem wir durchhielten, war unentrinnbar, und statt des Mutes, es durch Niederlagen zu beschleunigen, hatten wir die Dummheit, es durch Siege aufzuhalten.“ (KK)