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Mach mir mit den Wickert

Veröffentlicht am 31.12.2022

Am Ende des Jahres, was liegen blieb

Die Hochglanzbeilage der Stuttgarter Zeitung (2.12.) hat diesmal den Titel Wickert. Das ist auch so eine Marke, die nicht viel bedeutet. Der Mann hat ein neues Buch geschrieben, und um dafür ein bisschen Werbung zu machen, spaziert er mit »uns« durch Heidelberg. Das ist nun nicht weiter von Bedeutung, da man ja irgendetwas braucht, um den Platz zwischen der geistlosen Werbung mit einem solchen redaktionellen Text auszufüllen.

Wir erinnern uns, dass auch der klassenbewusste Bernd Riexinger hier in seiner Glanzzeit als Linken-Vorsitzender vorkochen durfte. Es scheint den Inhabern dieses Blättchens aber nicht besonders geschmeckt zu haben, so ist er in der verdienten Versenkung (wieder) verschwunden.

Ansonsten(1) findet man dort alles, was man nicht braucht.

Ansonsten(2) geht es bei den Reichen nicht ohne Stiftungen, mit denen sie uns behelligen. Hier geht es um eine Frau, deren Mann sein/ihr Geld mit einer Gin Marke gemacht hat. Diese meist farblose Substanz wird gerne zu Cocktails verwendet, passt also wunderbar zu den Menschen, die sich die Dinge, die sie sich, nach dem Vorbild der Werbung um Herrn Wickert herum, kaufen, trinken müssen, damit sie auch zu ihrer Umgebung passen. (Hätten sie mal ordentlich Steuern und ihre Mitarbeiter besser bezahlt, dann wäre des Guten genug, aber sie wollen für ihre Taten auch noch das Licht dazu, das sie früher – beim Geldmachen - gescheut haben.)

Ich hatte mal ein blaublütiges Halbblut zum Kollegen, dessen verbliebenes Erbe im kulturellen Kapital bestand, sonst sah es eher mau aus, sonst wäre er aber auch nicht mein beliebter Kollege geworden. Seine Lieblingslektüre war schon damals „Stilvoll verarmen“, das muss auch so ein gefallener Graf o.ä. geschrieben haben? Nun, das Thema ist aktueller denn je, nicht bei den Erben obiger Gin Marke, aber bei anderen. Auch für diese weiß die StZ Rat: „So fällt verzichten leichter“. Wie immer, wenn es in der bürgerlichen Welt ums Geld geht, sind die Psychologen nahe und ihr Rat gefragt. Und so will es das Vorurteil, dass ein israelisch-amerikanischer Psychologe, der mit seinem Kollegen, von dem wir nicht erfahren, woher er kommt, uns Nahe gebracht wird, d.h. dessen „Prospect-Theorie“, die aber mit obig beschriebenem Prospekt nichts zu tun hat, sondern: wir nehmen Verluste stärker wahr als Gewinne. Ich hoffe, ich habe diese nobelbepreiste Theorie richtig verstanden. Nun wie immer bei diesen Psychologen wird nicht erklärt, woher das kommt. Das kommt nun daher, leider bekomme ich dafür keinen Preis, dass nach unten weniger Spielraum ist als nach oben. Wenn ich nur ein paar Hundert Euro verdiene, meine Stromrechnung sich fast verdoppelt, erzeugt das naturgemäß andere Gefühle als wenn ich einmal Weihnachtsgeld bekomme. Wer nichts hat, dem wird genommen, wer viel hat, dem wird gegeben. Klar ist auch, dass bei letzterem in der Hirnregion (Amydala) weniger los ist, ich vermute freilich in deren Umgebung sieht es ähnlich aus.

Auch in diesem Text geht es ums Duschen: Wenn mir Essen wichtig ist, dusche ich eben kürzer. Am Besten man lässt das Duschen ganz, dann kann man dafür Essen gehen. Sollte man dabei einsamer werden, oder früher oder später am Personal scheitern, kann ich dafür…

Entscheidend ist hier der präfrontale Kortex, der uns hilft, kurzfristige Impulse zugunsten langfristiger Ziele zu unterdrücken. (Die beste Idee, das Abo dieser Zeitung zu sparen, steht wieder nicht da. Oder bei der Institution zu sparen, der Herr Wickert seine Bekanntheit verdankt.)

Nun wird es aber entscheidend: um mit den kommenden Verlusten rational im Sinne derjenigen umzugehen, denen wir diese verdanken (Lohnquote, Boykott, übrigens nahe am Bankrott), »müssen wir uns unseren Handlungsspielraum bewusst machen und uns durch klares Priorisieren den Verzicht schmackhaft machen«. Da fällt mir wieder der Herr Riexinger und seine Partei ein. Vielleicht sollte ihn die StZ wieder kochen lassen, und dann gäbe es einen schmackhaften Verzicht zum Hauptgang, Vorspeise übrigens ein Boykott-Süppchen, Nachspeise dann heiße Rakete.

 

PS: „Die Korruption, die zwischen Textteil und Annoncenteil Schiebungen macht, ist völlig belanglos neben der Schweinerei, die in allen Rubriken dichtet.“ Karl Kraus

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