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Oper

Kurze Kulturabsage: Salzburger Festspiele (1)


Warte mit dem Wein, bis ich das Lied von meinem Kummer gesungen habe.

In Salzburg hörten und sahen wir gestern (2.8.) „One Morning turns into an Eternity“. Mehr hörten wie sahen, denn das Sehen lohnte sich eher nicht.

Das Bühnenbild erinnert etwas an die Frisur des Regisseurs, Peter Sellars, neben dem „Wald“ irrt eine Frau auf großer Bühne etwas umher, dann ein Leichensack und zwei Leichensackträger und viel Licht, das aber nichts erhellt, sondern für schöne Schatten sorgt.

Bei Schönberg mag das noch einen schwachen Sinn ergeben, bei Webern und erst recht bei Mahler sicher nicht mehr. Von Mahler, der hier v.a. interessiert, gab es den „Abschied“, letzter Teil vom „Lied von der Erde“. Das ist natürlich keine Oper, wird es auch nicht, wenn man das Bühnenbild des ersten Teils dieser Montage einfach stehen lässt.

Ärgerlicher ist das wieder kriegsbegeisterte Feuilleton der bürgerlichen Presse (SZ: „an der Schwelle zu etwas Neuem“ – doch eher etwas sehr bekannt Gestrigem; FAZ: ein Tableau der Stimmung, die sich durch Stellars Gestammel im Programmheft diese nicht trüben lassen will), das natürlich am Entscheidenden vorbei schreibt, und allenfalls seinen dürftigen Geschmack in Zeilen ausbreitet, die dafür ihre Unschuld verlieren.

Das Entscheidende bei Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ hat Thomas Mann in seinen Betrachtungen zu Oswald Spengler geschrieben und das ist aktueller denn je. Ich zitiere mal ausnahmsweise das Propagandamedium Wikipedia: „Für Thomas Mann hingegen wirft ein ‚einziges Werk der Liebe‘ (…) die Theorie der radikalen Fremdheit der Kulturen über den Haufen, indem es altchinesische Lyrik mit hochentwickelter Tonkunst des Abendlandes zu einer organischen menschlichen Einheit verbindet.“ Nicht ganz gut formuliert, aber das stört uns gerade wenig.

Während man hier in D., von der verdunkelten Ukraine ganz zu schweigen, versucht, russische Kultur und Künstler zu sabotieren und zu zensieren, findet man in der Kultur, die man doch hochleben lassen will – das Gegenteil. Was würden Schönberg, Webern und Mahler, von Thomas Mann zu schweigen, dazu sagen – zu diesem Neuen, das dem Alten ihrer Zeit so ähnelt?

Was sagt der Regisseur? Hier aus dem Zusammenhang gerissen: „Ein sanfter Wind erinnert dich daran, wie kalt dir ist, wenn die Nacht hereinbricht.“ Im Zusammenhang wird das nicht besser! Und zum Schluss: „In der Ferne leuchtet jetzt blaues Licht. Immer.“ – Ich dagegen bin der Ansicht, dass in der Ferne, die aber immer näher kommt, schwärzeste Nacht leuchtet, und da bin ich mit Herrn Sellars leider einig: Immer! Oder: schon wieder.

Bleiben Sie fort von diesem Ort, hören Sie die Werke in einem Konzert oder auch Zuhause an, Sie sparen viel und gewinnen mehr. Und das beträchtliche Eintrittsgeld spenden Sie den Aktivisten, die versuchten, dem Auftakt des Salzburger Festspiele eine humane Note (Protest) zu geben.

Das ist freilich vergeblich, dafür sorgen schon die Sponsoren: BWT, Rolex, Würth, Kühne Stiftung, Siemens, Audi…, vom Staats-Publikum (Ausnahmen gibt’s aber auch) ganz zu schweigen. – Frau Hammer (sic) sei dank. (Schön, dass die Menschen so heißen, wie sie sind.)

https://www.salzburgerfestspiele.at/a/kristina-hammer


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