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Bellinini

Veröffentlicht am 08.04.2024

Harry's Bar in Venedig

Wenn man in München als interessierter Tourist sich vor gar nichts fürchtet, besucht man auch mal Schumann's Bar, deren fehlendes "h" man auch durch ein vorgerücktes "m" ersetzen könnte. Da gehen Leute rein, immerhin hatten wir es damals in den Vorraum geschafft, und um keine Zweifel aufkommen zu lassen, hatte ich einen Wisky oder war das ein Wiskey, war aber doch nicht so ganz mein Geschmack, also bestellte ich eine Cola dazu, schon um zu testen, ob das einen Rauswurf provozieren würde, was aber nicht der Fall war!(Legenden!) Ich durfte das auch noch mischen, ohne dass etwas passierte, außer, aber da gibt es keinen Zusammenhang, dass ich mit dem Architekten neben mir ins Gespräch kam. Architekten sind das ideale Publikum in diesen Läden, zumindest wenn sie nicht völlig erfolglos sind, da sie weder in der Kunst noch in der Funktionalität (siehe z.B. Stadtbibliothek Stuttgart, S21 oder Berlin...) Zuhause sind, nennen wir sie also trotzdem nicht halbseiden oder auch talmi, das sind schon die anderen dort.

Also in Venedig gibt es auch so eine Bar mit Restaurant: Harrys Bar. War Herr Schuman noch lebendig, als ich seine Bar besuchte, so kann man das von Harry, wenn ich richtig informiert wurde, nicht mehr behaupten. Leider wollte der Herr im blauen Anzug, den ich fragte, ob er der Harry Junior sei, mir meine Frage nicht beantworten.

Da wäre unser direkter Kellner schon eine andere Nummer gewesen, allerdings musst der Mann so herumrennen und bedienen, dass wir keine Zeit für eine weitere Unterhaltung fanden. Leider! Mich hätte interessiert, was man in so einem Ort verdient. Denn die Preise dort sind schon erstaunlich. Noch erstaunlicher ist freilich, dass ich meinen Bellini (etwas über 20 €) in einem Smoothie-Glas bekam, kann aber auch mal eine Marmelade drin gewesen sein, das würde manches erklären. Aber da bin ich eben nicht reif dafür, denn, wie ich belehrt wurde, sei das ein "understatement, das sich eine Legende leisten könne". - Nun, ich hätte es fast in die Mittelschicht geschafft, wenigstens in deren unteren Teil, da lernte ich dort deren entscheidendes Kriterium kennen: Das Preis-Leistungs-Verhältnis.

In meinem Bellini-Fall hätte also zum Preis ein Glas gehört, das den Preis in eine entsprechende Form umsetzt, vorsetzt, einsetzt. Aber alles kommt immer noch viel schlimmer! Der Legende war auch mein Wein ganz egal, den durfte ich aus einem Wasserglas trinken. Wenigstens stand die Karaffe im Eis, emotionales Vorbild und Training. Nun liebe ich in Griechenland die kleinen Gläser aus denen man oft guten Hauswein trinkt, aber über das hier tröstete mich auch nicht mein guter Sitz-Platz nicht hinweg, ich sah ins (Un-)Freie hinaus. (Hier nichts über das Elend von Lokal-Reservierungen.) Drinnen war wohl mehr Freiheit, v.a. die aus der USA hier anreist. Zuhause wählen diese Leute Trump oder Biden, der Unterschied wird überschätzt, ruinieren das alte Europa, um dann in den Trümmern noch einen auf "Kultur", deren es Zuhause mangelt, zu machen. Was soll man sagen? Der Gruß aus der Küche ließ mich an einen Windbeutel denken, etwas mit Blätterteig mit Füllung! Windbeutel hätte meine Mutter vielleicht auch das Publikum genannt, aber das sagt man heute nicht mehr, wo man davon regiert wird.

Ich nahm als Vorspeise einen Nizza-Salat. Einen lokalen, was bei uns ja so beliebt ist, gab es leider nicht. Nun liest der Italienreisende, dass die Portionen dort so klein seien, dass die Spaghetti a la... oder die Pizza nur als erster Gang durchgehen, aber hier wäre ich locker davon satt geworden. Leichtsinnigerweise hatte ich aber noch Seezungenfilet mit Zucchini bestellt, das war nun freilich eine erwartbare Menge. Nicht schlecht übrigens; während man den Salat nicht bewerten kann. Das beste war der Nachtisch: Ein Schokoladenkuchen, den man unmöglich alleine hätte verspeisen könnten.

Beliebt, sah man hier übrigens, eine Art Reisbrei, eine unansehnliche Pampe, die es in Hülle und Fülle gab, seltsamerweise von manchen Menschen aber geschätzt wird? Das muß einen psychologischen Grund haben.

Um noch das Thema Sanitär anzusprechen, das war in einem "einfachen", aber typischen Lokal schöner. Wenn ich schreiben wollte, was ich da sonst so erlebt habe, lieber nicht, die Deutschen gelten ja in dieser Hinsicht als autoritär, also auf irgendwas fixiert; leider bis heute.

Warum zahlt man diese Preise, denen eine etwas günstigere Leistung gegenüber steht? Nun, man bleibt unter sich. Sie können also vor dieser Kultur auch gleich Zuhause bleiben. Oder in jenes andere Lokal gehen.

Nun gab es im Flughafen auch was Warmes zum Essen, mir fiel es aber schwer, nicht zu übersehen, welchem Druck die beiden sichtbaren Mitarbeiter ausgesetzt sind. Sie taten ihr Bestes, schätze aber nicht auf lange Sicht. Aber das interessiert die nicht mehr, die dann im Flugzeug schon abgehoben sind.

Und noch, hätte ich das Geld, mir das leisten zu können, dann würde ein Besuch im lokalen Wagner-Museum mich nachdenklich stimmen. Als der Mann nach der Revolution, die bei uns immer scheitern müssen, zum ersten Mal nach Venedig kam, schlich die Polizei oder, was sich dafür hält, hinter ihm her. Heute wäre das dank Smartphone kostengünstiger. Gegen Ende seines Lebens mietete er in dem Palast, wo heute das Casino ist, etwas über 20 Zimmer, wenn ich das richtig verstanden habe. Also vom Revolutionär und Bakunin-Freund zum Ludwig-Spezi, vermutlich ist seine Musik und der Mann selber deshalb so beliebt. Karrieren, die Vorbilder bleiben und deshalb ein Museum bekommen.

 

PS: Was ich gerade lese: Susanne Rode: Alban Berg und Karl Kraus. Peter Lang Verl. 1988

Auch über die Dummheit "derer, die geholfen haben, aus 'Millionen einzelnen, die reiner fühlten als sie und zur Not besser denken konnten, das allzeit mobile Menschenmaterial der Dummheit zu machen.'" (Zit. im Zit. Karl Kraus)

 

 

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