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Ein dunkles, dunkles, dunkles Blau (UA) von Simon Stephens, Kammertheater Stuttgart, 26.5.24

Veröffentlicht am 28.05.2024

Mit Abschweifungen zum Wesentliche(ere)n

Am 20. Februar 1933: Günther Quandt (Rüstung, Batterien, Textil), Friedrich Flick (Stahl), August Baron von Finck (Bayern), Kurt Schmitt (Allianz), X (IG Farben), Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (Stahl) treffen sich auf Einlandung mit Hitler, Göring und Hjalmar Schacht u.a. Es geht um die Finanzierung des letzten (versprochen!) Wahlkampfes der NSDAP.

Verena Bahlsen, die Erbin des bekannten Keksherstellers, 2019, antwortet einem gewissen Kevin Kühnert, damals noch Juso und also für Verstaatlichung, heute eher umgekehrt: „Ich bin Kapitalist. Mir gehört ein Viertel von Bahlsen, da freue ich mich darüber. Es soll mir auch weiterhin gehören. Ich will Geld verdienen und mir Segeljachten kaufen von meiner Dividende und so was.‟

Ein seltener Einblick, wie bestimmte junge Leute so ticken. Heute, nach sie gebrieft wurde, würde sie sicher nicht mehr mit ihren reichen Freunden auf Sylt Party machen und rufen: Ausländer raus. Vielleicht hat sie sich inzwischen ein bisschen mit den ukrainischen Zwangsarbeiterinnen beschäftigt, die für ihr Erbe geschuftet haben und gestorben sind. (Hier nun kein Vergleich zu heute, wo alles fast freiwillig geschieht und wieder für die höheren Werte.). Heute würde sie das Gegenteil rufen. Aber die Verantwortlichen der Bar haben leider nichts gesehen und die Masse der dort Feiernden nichts gehört. Die kleine Erzählung orientiert sich an der großen. Aber das gehört nicht hierher.

 Wie wickelt man Leute um den Finger? Die halbe Miete ist es schon, wenn ein schlechter Tatort in Stuttgart spielt, und die Kommissare rennen die Königstrasse rauf und runter. Das läßt die versteinerten Herzen der Stuttgarter schneller schlagen und das bisschen Intellekt der Zuschauer entdeckt und erkennt die Orte wieder, an denen man sonst bedeutungsloser verweilt. Oh, der Hegelplatz*, so schön bunt!

Ein Todkranker stirbt an Krebs, wie erfahren aber nun nicht, dass das in letzter Zeit vermehrt vorkommt, ein an Corona-Sterbender, von dem erzählt wird, stirbt zwar einsam aber an(!) Corona, also ist hier die Aufarbeitung schon gelungen. (Hier im Theater ganz unvorstellbar, dass er an der Impfung gestorben wäre.) Hauptsächlich wird das Leben des jungen Mannes durch seine Freundin aufgearbeitet, es gibt typische Figuren und einen perversen Onkel, der so großartig gespielt wird, wie wir uns einen Verrückten vorstellen, sprunghaft, etwas unkontrolliert, aktiv-passiv wechselnd, nervös; das Gefängnis hat aus ihm einen geprügelten Hund gemacht. (Das wirkliche Verbrechen ist nicht, diese kinderpornographischen Filme angeschaut zu haben, sondern deren Produktion, oder, die Verhältnisse unter denen das geschieht. Aber heutzutage ist nicht die Produktion von Müll das Thema, sondern wir sortieren diesen Zuhause. Dabei bestimmt die Produktion die Konsumtion. Das Smartphone macht die Deppen, unter anderen Bedingungen hätte es Hoffnung gegeben.)

Das alles ist gut gespielt, keine Langeweile kommt auf, Unterhaltung, aber was soll’s? Ist das Theater oder eine Fernsehsoap? Kein aktuelles gesellschaftlich relevantes Thema: Coronamaßnahmen, Übersterblichkeit, „Zukunft‟ wird wirklich dialektisiert und auf die Bühne gebracht, es überwiegt ein Alltag, wie ihn die Zuschauer schon Zuhause haben. Oder sind diese so blutleer, dass sie ihre Gefühle im Theater mobilisieren müssen, um noch etwas zu spüren?

„Sterben‟ wird auf der Bühne dann interessant, wenn es wirklich tragisch wird, deshalb gerne Könige, aber den normalen Tod, so schlimm er für die Angehörigen auch sein mag, den haben wir Zuhause, dafür müssen wir nicht ins Theater.

Aber das Zuhause ist jene langweilige und geistlose Hölle, die dann getröstet wird, wenn man sich auf der Bühne und seine Stadt, die aber anderen gehört, deshalb begnügen wir uns mit Namen, Hegelplatz, freien Bildern am besten: Natur, wiedererkennen darf. Zombies saugen Blut, wie in den vielen Filmen der ÖR, die dafür da sind, dass es im Sinne von Frau Bahlsen weiter geht. Dass es so weiter geht, dafür haben wir solche Theaterstücke und nicht andere.

Die Musik ist flott und sorgt gleich für das nötige Tempo. Zeit ist wichtig, über zwei Stunden, da wir keine haben, damit die Stimmung nicht kippt und sich keiner frage, was ist hier los?

 

* Der Platz läßt eine (im Stück) nicht an Hegel und dessen Dialektik denken, sondern hier wohnen alle Herren Länder Leute, bunt gemischt. Bunt gemischt ist das Gegenteil von Klassenbewusstsein und eine Art grüne Volksgemeinschaft.

 

 Lit.:

De Jong, David: Braunes Erbe. Die dunkle Geschichte der reichsten deutschen Unternehmerdynastien. Büchergilde Gutenberg 2022

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Und vielleicht hier unterschreiben?

https://www.nachdenkseiten.de/?p=115777

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