Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

"Alles ist abstrakt"

Veröffentlicht am 09.03.2024

- Dora hat sich in Stuttgart verlaufen, sie wird gesucht, wer sie findet, darf sie an der Staatsoper Stuttgart abgeben. Derweil irrlichtert sie durch die Feuilletons

Die Ausgangslage dieser zeitgenössischen Oper: "ein pessimistisch-realistischer soziologischer Befund" ist "aber" nicht genug, dabei darf es nicht bleiben, obwohl wir damit schon zufrieden wären, der Lebensüberdruss einer Kleinbürgerin geht tiefer und spricht vermutlich die empfindsamen Seelchen der Opern-Kritiker an.- Die Protagonistin driftet ab ins Wunderland, sparen wir uns hier einen klinischen Ausdruck, das aber so viel Spielraum lässt, dass der Kritiker darin seine Bildungsgüter erkennen muss. Er erkennt sich also nicht nur im trüben Diesseits, sondern auch im wahnhaften Jenseits bestens, auch wenn wir das Diesseits vom Jenseits zunehmend schwerer zu unterscheiden vermögen.

Wenn man schon mit dem Hochgeschwindigkeitszug nicht mehr nach Stuttgart kommt, auch woanders hin dauert es gerne länger, wenigstens in der Oper erleben wir: "ein faustisches Hochgeschwindigkeitsdrama". Blitzpotz!

Die Komposition der Oper sei "eklektisch", lesen wir, das trifft sich gut, da wir bereit sind, die verwendeten Elemente aufzuzählen und hoffen - die Zuschauer erinnern sich noch an ihren Schulunterricht mit jenem Goethe, der diesen Faust doch irgendwoher kannte, -auch wenn "eklektisch" der Duden weniger positiv beurteilt: "unschöpferisch"; aber da hat die Stuttgarter Oper eben zwei zusammen gebracht, Librettist und Komponist, die zueinander passen; wer tut mir nun mehr leid?

Die Partitur, "die sich durch ein hohes Maß an Transparenz auszeichnet" erleichtert somit das durchhören, durchschauen ist da nicht nötig, wenn der Blick auf die Oberfläche auftrifft, hängen bleibt, da diese alles ist. "Ein dystopischer Kommentar dieser Meta-Oper: Die Sprache stirbt, die Musik lebt." Da freut sich das deutsche Irrationale, das sich schon immer mehr in der gefühlten Musik zuhause wusste, irgendwas mit Wagner!, denn in der verräterischen Sprache.

Gerne wieder Videos, die man ja immer vermisst, wenn sie nicht da sind, auch dass die Sänger nun alle(?), mit Mikro singen, wir sind in der modernen Oper.

Und diese doch hilfreichen Aufschriften, auch wenn man die Obertitel nicht recht erkennen kann, "Morgen", "Abend", "Nacht" erinnern uns doch stark an einen anderen Teufelspakt, das alte deutsche Thema schlechthin, und gerade wird dieser Pakt wieder aktualisiert. Wir kennen das schon: Der Untergang ist von Anfang an vorpogromiert.

Die sogen. Elite (früher herrschende Klassen) will es eben nochmals wissen: nach der dritten die vierte Walpurgisnacht. Lassen wir es also nochmals krachen: "Der anarchische Ansatz der Inszenierung entspricht dem Libretto und der Komposition in der für die Moderne charakteristischen Zerstörung von Kontinuität." Ja, Kontinuität (Geschichte) ist out, in ist das Geschwätz, der Kurzschluss der Sprache: ein "sondern?". Sondern was?

Ist das nur ironisch gemeint, was der Chor singt? Wir sind "ebenso ratlos und überfordert wie du". Die Oper klingt anspruchsvoll, überfordert also das Publikum, aber halt: doch nicht, das Publikum geht mit uns, wir sehen die verkörperte Zukunft der Oper, alle fühlen sich so jung. (Wahn ist kein Privileg der Bühne.) Fast vollkommen in allen Journallien ist das Glück.

Seltsam, meine beiden opernkundigen Damen sind trotz der gefühlt konstanten Lautstärke temporär eingeschlafen - was für ein Wunder! Und eine Erfahrung machend, die einem die Medien immer wieder bieten, dass die eigene Erfahrung in Gegensatz zur veröffentlichten gerät. So beginnt der Zweifel.- "Vor dieser Kultur kann man nur Zuhause bleiben" (KK)!

 

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?