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Die Dreigroschenoper

Veröffentlicht am 09.01.2023

am BE, R.: Barrie Kosky

So viel Lametta war selten; ein ganzer Vorhang, und dann durchdringt ein geisterhaft weißes, scheinbar körperloses Gesicht diesen und singt die Moritat von Mecki Messer. Das ist ein Anfang, der einmal verdaut werden muss, der aber, nimmt man das Folgende hinzu, seinen Reiz und Logik entfaltet.

Die Zeiten sind nicht nach Realismus auf dem Theater; besser gesagt – nicht nach einem naturalistisch missverstandenen. Außerdem, war nach der Einschätzung kluger Leute, die Thematik politökonomisch zum Entstehungszeitpunkt schon überholt. Das macht freilich nichts, da manches in der Vergangenheit einfacher zu verstehen ist, als in einer etwas komplizierteren Gegenwart.

Was wir sehen, ist spielfreudiges Theater, mit den bekannten Songs, und einem Bühnenaufbau, der etwas an einen Affenkäfig erinnert, und tatsächlich klettern die SchauspielerInnen darin gekonnt herum. Und irgendeine Originalität muss ja sein.

Ausverkauft freut einen!

Es gibt auf der Seite des BE einen Klick weiter eine Content Note: Man will die Leute vor zu viel Realität schützen, d.h. vorwarnen. Das machen sie für verschiedene Stücke. Bei der Dreigroschenoper wird gewarnt:

»In dieser Inszenierung wird eine Hinrichtung durch Erhängen sprachlich und darstellerisch thematisiert.«

Die Leute werden nicht nur dümmer (gemacht), sondern auch in Watte gepackt. Das ist nun angesichts des Kriegsfurors in der westlichen (Geld-)Wert-Gemeinschaft erstaunlich; auf deren Schlachtfeldern verrecken die Massen, aber dem bürgerlichen Publikum ist eine gespielte Hängung kaum zuzumuten.

»Gerade auf die postmoderne reine Vernunft, die immer gerne Deleuze zitiert, trifft eine nietzscheanische Formulierung von Deleuze zu: diese reine und ständig um Sauberkeit bemühte Vernunft ist ‚nicht mehr als eine Bestandsaufnahme aller Gründe, die der Mensch sich gibt, um zu gehorchen‘ (Deleuze 1977:22).« Pfaller, Robert (2009): Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft. Symptome der Gegenwartskultur, Fischer Taschenbuch Verlag

Wir haben im Theater gehorcht, und alle Verlockungen und Drohungen mitzusingen oder mitzumachen standhaft abgewehrt. Wir sind Publikum geblieben und werden zu Hause eine Weile einen Ohrwurm haben, der dringt aber kaum durch die harte Schädelwand.*

Vielleicht hätte Karl Kraus die Inszenierung, die ins Operettenhafte schillert, gefallen: »Das Theater ist die Profanierung des unmittelbaren dichterischen Gedankens und des sich selbst bedeutenden musikalischen Ernstes; es ist der Hemmschuh jedes Wirkens, das eine Sammlung beansprucht, anstatt sie durch die sogenannte Zerstreuung erst herbeizuführen.« Zerstreuung war gut, im ersten Teil mehr als im etwas ernsteren zweiten.

»Denn die Operette setzt eine Welt voraus, in der die Ursächlichkeit aufgehoben ist, nach den Gesetzen des Chaos, aus dem die andere Welt erschaffen wurde, munter fortgelebt wird und der Gesang als Verständigungsmittel beglaubigt ist. Vereint sich die lösende Wirkung der Musik mit einer verantwortungslosen Heiterkeit, die in diesem Wirrsal ein Bild unserer realen Verkehrtheiten ahnen läßt, so erweist sie die Operette als die einzige dramatische Form, die den theatralischen Möglichkeiten vollkommen angemessen ist.«

Nun, nun ja, wir haben uns ein wenig amüsiert, und die neu hinzugezogenen SchauspielerInnen, die ihre Corona erkrankten ersetzten durften, haben ihre Sache gut gemacht.

Medienpartner ist der RBB, lese ich noch. Nun, wenn ich an die Grüne Spitzenkandidatin und ihren Ehemann beim RBB denke, da hätte doch BB sicher auch hier und heute einen Stoffe für einen kleinen Song gefunden... Wir werden regiert von Leuten, die könnten durchaus eine kleine Nebenrolle in dem Stück übernehmen. Also doch nicht ganz unrealistisch.

 

Wenn ich der Content-Beauftragte wäre, wäre sicher ein schöne Stelle, dann würde ich die Leute warnen: Hier sehen sie die Frage dargestellt: Was ist die Ermordung eines Mannes gegen die Gründung einer Bank? Hüten Sie sich also vor der Dialektik, die sie weiter vom Glauben abbringt, und sie noch sinnieren lässt, wozu eine Bank alles fähig ist?! (Fragen sie doch Herr Scholz oder Herrn Merz!)

 

 

* Der Dame hat die Musik am Besten gefallen.

 

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